Lautes
Krachen drang aus dem Dachboden, wo die Band „White Chaos“ einmal in der Woche
probte. Heute war alles ganz anders, Caddy, die Frontsängerin hatte kurzerhand
entschieden zu gehen, da ihr eine seriöse Agentur einen vielversprechenden
Vertrag als Model angeboten hatte. Für Ken brach eine Welt zusammen, so lange
hatte er am allen gearbeitet, solange hatte alles gedauert. Doch nun sprang die wichtigste Person einfach
aus, das Demo war abgeschickt und die Zusage für den großen Gig da. In 1 ½
Monaten sollte alles losgehen, eine lange Reise durch Australien mit dem großen
Finale bei einem legendären Rockfestival. Wenn sie jetzt absagten würde er für
alle Kosten aufkommen müssen, was mehrere tausend Euro betrug. Was sollte er
nun tun? „Ah das ist doch alles so scheiße“ knurrte er leise und warf sein
Handtuch in die Ecke, Kevin sah ihn halb mitleidig halb ahnungslos an. „Wir
schaffen das schon irgendwie, wir finden sicher jemanden der Caddy ersetzt.“
Charlie saß unbeteiligt vor seinem Keyboard,
anscheinend war ihm das irgendwie egal.
Ken ließ sich auf den Stuhl fallen: „In diesem Kaff gibt es doch kaum
jemanden, vor allen keinen der unsere Songs kennt und in zwei Wochen für einen
Monat nach Australien kommt. „ „Wie wärs mit Anna?“ reflexartig drehten sich
die Köpfe der beiden anderen zu dem desinteressierten Australier. „Anna?“
fragte kevin erneut nach, dann blickte er zu Ken: „Wäre eine Möglichkeit, sie
kennt alle unsere Lieder und sie kann singen, auch wenn sie das nicht zugibt.“
Der gepircte Junge wirkte aber kein bisschen erleichtert. Im Gegensatz zu allen
anderen in der Stadt kannte er Anna in und auswendig und sie hasste Musik. Mit
geschlossenen Augen nahm er seine braune Tasche, die klirrende laut durch die
vielen Buttons klimperte, hing sie sich über die Schulter und fuhr sich durch
sein gefärbtes Haar: „Ich werde sie fragen, ich ruf euch an.“ Kevin nickte ihm
noch aufmunternd zu, während Charlie ihn einfach ignorierte. Der Heimweg wirkte
im Gegensatz zu sonst trostlos, die Blätter waren gerade erst im saftigen Grün
erblüht und die Vögel erfreuten sich, der Weg war umgeben von einer gepflegten Wiese
und bunten Blumen. Zu idylisch kam ihm das heute vor, er war genervt, wütend
und einfach nur traurig. Er hatte sich das alle so sehr gewünscht, aber
anscheinend sollte es im Moment einfach nicht sein.
„Mit einem
eleganten Sprung erhob sich Sura von ihrem Felsen, steuerte den Jungen an, der
sie mit seinen Angsterfüllten Augen ansah“ Anna war allein, also sprach sie
mit. Die Wörter kamen nur s aus ihr herausgeqollen und wollten auf die digitale
Wand gebracht werden. Klack. Die alten Eichentür sprang auf und unter dem
schweren Schritt knirrte das alte Holz, ein vertrauter Ton. „Die Probe heute
war kurz, ich dachte ihr wollt bis zur Abreise fleißig arbeiten.“ Sie schob
ihre Brille, die sie seit 3 Jahren hegte und pflegte ihre schmale Nase
hoch und blitzte ihn an. Kens Gesicht
schief abgefallen, ernst und verletzt, zuletzt hatte er so ausgesehen als seine
geliebte Gitarre kaputt gegangen war. „Wollten wir zunächst, aber Caddy ist
ausgestiegen.“ Ehrlich wie immer, das schätzte sie besonders an ihm, also
schenkte sie ihm zum Dankt eine ebenso ehrliche Antwort. „Ich habe dir von
Anfang an ihre Unkompetenz geprädigt. Nun ist es als doch passiert“ meinte sie
politisch. Ken verzog sein Gesicht und warf die Tasche klirrend zu Boden, wie
nervig diese Buttons doch waren. „Ja ich weiß und die anderen meinten ich
sollte dich fragen, ob du nicht einspringen willst.“ „Was?!“ zischte sie und
erhob sich so gleich. Sie schritt auf ihn zu, blieb dann stehen und verschränkte
die Arme: „Lass mich raten, das war Kevins Idee.“ „Nein, Charlies.“ Zugegeben
war sie etwas verblüfft, aber ihre Maske hielt wie immer perfekt. „Ah, tja ihr
findet sicher jemand passenden.“ Ken schob seine Unterlippe genau 4 Zentimeter
vor, ein Zeichen der Hoffnung und des Bettelns. Argh, sie hatte bei dieser
Sache schon zu oft nachgegeben, dieses Mal musste sie stark sein.
„Nein nein
nein, nein Ken nein, tu mir das nicht an.“ Sie ging im raum auf und ab und
nannte ihn 21. Sehr gute Gründe warum allein die Idee unmöglich und dumm sei,
doch Ken, seines Zeichens ehrlich stur ließ nicht nach und bettelte und flehte
was das Zeug hielt, bis er eine Aussage ausstieß, die ihrem Gesicht eine
nachdenkliche Falte gab. „Aber in Australien gibt es tausende von Paaren,
sicher eine passende Idee für dein Buch dabei und denk erst, wenn wir auftreten
wird jeder dort deinen Namen kennen und deine Bücher gehen weg wie Tante Zuzus
warme Semmel.“ Da war was dran, vielleicht gab es unter gröllenden Fans ja ein
paar die wussten was gute Literatur war und ein Sommerroman verkaufte sich
immer gut. Sie zog kurz an ihrer Unterlippe, Kens Augen glänzten bereits und
schließlich schritt sie zu ihrem Schreibtisch. Mit ihrer geschwungenen
weiblichen Handschrift schrieb sie eine Liste nieder. „Das ist alles was ich
will und brauche UND ich trage das was mir gefällt und es ist nur für den einen
Gig.“ „Versprochen“ er nahm die Liste ab, gab ihr einen Handkuss und griff nach
seinem Telefon. Als sie aus dem Raum verschwand blickte er zur größten
Wohnzimmerwand, die geprägt wurde von einer Landkarte Australiens. Es war die
Nummer 12 auf der Wahltaste die er drückte, als das vertraute wählen im Hörer
erklang und eine geduldige Männerstimme dran ging: „Hab sie.“ Das war alles was
er zu sagen brauchte und auf einmal schien der heiße Kontinent gar nicht mehr
so weit weg.